Publikation –
14.4.2020
Entschädigung gemäß Infektionsschutzgesetz für Eltern / Steuerfreiheit für „Corona-Prämien“ / befristete Anpassung des Arbeitszeitgesetzes / Kurzarbeit im öffentlichen Dienst
Unterstützung für Eltern
Wir berichteten darüber, dass der Arbeitgeber gemäß § 56 Abs. 1 IFSG bei einer behördlich angeordneten Quarantäne eines Mitarbeiters (Corona-Virus, was muss der Arbeitgeber beachten?) den Verdienstausfall in Höhe des Netto-Entgeltes des Mitarbeiters infolge der Maßnahme zunächst einmal zu zahlen hat, diesen jedoch im Wege der Entschädigung von der zuständigen Behörde erstattet bekommt. Im gleichen Artikel berichteten wir, dass infolge behördlich angeordneter Schul- und Kita-Schließungen zur Eindämmung der Pandemie nach unserer Auffassung ein Anspruch auf Entgeltzahlung, wenn der Mitarbeiter infolge des hierdurch ausgelösten Betreuungsbedarfes nicht zur Arbeit kommen kann, etwa im Wege des § 616 BGB, nicht besteht.
Der Gesetzgeber hat diese Lücke nun im Wege einer bis zum 31.12.2020 befristeten Gesetzesänderung geschlossen und in § 56 einen neuen Absatz 1a eingefügt: Danach erhalten erwerbstätige Sorgeberechtigte, die infolge behördlicher Kita- und Schulschließungen nach dem IFSG wegen der Betreuung ihrer Kinder bis zur Vollendung des 12. Lebensjahres oder Kindern mit Behinderung, die auf Hilfe angewiesen sind, nicht arbeiten können, für bis zu sechs Wochen einen Ersatz für den hierdurch entstehenden Verdienstausfall. Voraussetzung ist, dass eine anderweitige Betreuung nicht möglich ist, wobei eine Betreuung durch den anderen Elternteil oder die Notbetreuung zuvorderst zu berücksichtigen ist, die Betreuung durch die Großeltern aufgrund deren Klassifizierung als Risikogruppe jedoch nicht. Im Übrigen gilt die Regelung nicht für Zeiten, in denen die Einrichtung wegen der Schulferien ohnehin geschlossen wäre. Die Bezugsdauer dürfte als zeitliche Gesamtbetrachtung gemeint sein, was bedeuten würde, dass erneute Kita- und Schulschließungen als Maßnahmen der Coronavirus-Eindämmung innerhalb dieses Jahres angerechnet würden. Daneben gilt zu berücksichtigen, dass ein Verdienstausfall nicht vorliegt, wenn es andere Möglichkeiten gibt, der Tätigkeit vorübergehend fernzubleiben (Abbau von Zeitguthaben, verbleibender noch unverplanter Urlaub). Nach Angaben des Bundesministeriums für Familien soll auch der Anspruch auf Kurzarbeitergeld vorgehen. Das kann aber wohl nur die Fälle erfassen, in denen der Arbeitgeber für den Betrieb ohnehin Kurzarbeit eingeführt hat und die Reduzierung der Arbeitszeit im Wege der Kurzarbeit zur Kinderbetreuung ausreicht. Der entstehende Verdienstausfall wird in Höhe von 67% erstattet, wobei es das Geheimnis des Gesetzesgebers bleibt, warum es diskriminierungsfrei sein soll, dass Urlauber aus Risikogebieten einen Verdienstausfall aufgrund Quarantäneanordnung zu 100% erstattet bekommen, während arbeitsfähige Eltern auf 67% des Einkommens begrenzt sind. Zur Erinnerung: die zeitliche Begrenzung gilt für die von behördlichen Maßnahmen direkt erfassten Erwerbstätigen ebenfalls nicht, deren Verdienstausfall bemisst sich lediglich ab der 7. Woche nach der Höhe des Krankengeldes.
Die Auszahlung dieses Entschädigungsanspruchs übernimmt wie auch bei dem von einer Quarantäneanordnung betroffenen Mitarbeiter der Arbeitgeber, der dann bei der vom jeweiligen Bundesland bestimmten zuständigen Behörde einen Erstattungsantrag innerhalb von drei Monaten stellen kann. Auch hier besteht die Möglichkeit, einen Vorschuss bei der Behörde zu beantragen.
Zu beobachten gilt auch die weitere Entwicklung in Bezug auf Kurzarbeit und die Bemessungsgrundlagen etwa für das Elterngeld. So berichteten wir (Aktuelle arbeitsrechtliche Fragestellungen zur Kurzarbeit – FAQs), dass auch werdende Mütter im Beschäftigungsverbot und auch werdende Väter vor einer Elternzeit von Kurzarbeit betroffen sein können, ohne dass diese Zeiten aus der Bemessung des Elterngeldes, welches auf Basis der letzten zwölf Kalendermonate vor dem Monat der Geburt des Kindes berechnet wird, herausgenommen würde. Da dies werdende Eltern mit Elternzeitabsichten doppelt abstrafen würde, werden diese nicht selten von Kurzarbeit ausgenommen. Diese Problematik hat augenscheinlich nun auch der Gesetzgeber erkannt. Kurzfristig haben sich Koalitionsfraktionen nun auf – auch für die Arbeitgeber nicht unwesentliche – Änderungen verständigt:
Für Arbeitgeber bedeutet dies konkret, dass werdende Eltern und in Elternteilzeit arbeitende Mitarbeiter nicht mehr zwingend aus der Kurzarbeit ausgenommen werden müssen, um diesen zusätzlichen Nachteile zu ersparen und sogar in systemrelevanten Berufen anstehende Elternzeitmonate bis nach der Krise aufgeschoben werden könnten.
Corona-Prämie
Außerdem noch ein Hinweis auf die Pressemeldung des Bundesfinanzministeriums vom 03.04.2020: Arbeitgeber können – sehr bildhaft als „Corona-Prämie“ bezeichnete – Sonderzahlungen oder Sachbezüge bis zu einem (Gesamt-)Betrag von 1.500 EUR an ihre Arbeitnehmer zahlen, ohne dass für diese Steuer- und Sozialversicherungsbeiträge anfallen. Von dieser Regelung erfasst werden Sonderleistungen, die die Mitarbeiter zwischen dem 01.03.2020 und dem 31.12.2020 erhalten und die zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn geleistet werden. Die steuerfreien Leistungen sind im Lohnkonto aufzuzeichnen. Andere Steuerbefreiungen und Bewertungserleichterungen bleiben unberührt. Laut aktuellen Meldungen soll(t)en viele Pflegekräfte eine solche Zahlung erhalten.
Arbeitszeit
Basierend auf der Neuregelung des § 14 Abs. 4 des Arbeitszeitgesetzes v. 28.03.2020 wurde mit Geltungsdauer ab dem 10.04.2020 eine „Verordnung zu Abweichungen vom Arbeitszeitgesetz infolge der COVID-19-Epidemie“ erlassen, die für die sogenannten systemrelevanten Berufe eine Verlängerung der werktäglichen Arbeitszeit auf 12 Stunden und eine Reduzierung der Ruhezeit auf neun Stunden ermöglicht, wobei jede Verkürzung der Ruhezeit innerhalb von vier Wochen durch freie Tage oder eine Verlängerung auf 13 Stunden Ruhezeit auszugleichen ist. Auch wird die Möglichkeit der Beschäftigung an Sonn- und Feiertagen unter bestimmten Voraussetzungen eröffnet. Ein Ersatzruhetag ist bis spätestens zum 31.07.2020 zu gewähren. Auch eine Verlängerung der wöchentlichen Arbeitszeit über 60 Stunden hinaus ermöglicht die Verordnung „in dringenden Ausnahmefällen“. Die Mitbestimmungsrechte des Betriebs- oder Personalrats bleiben hierdurch unberührt. Die Arbeitszeitverlängerung setzt voraus, dass die Verlängerung nicht durch vorausschauende, organisatorische Maßnahmen einschließlich notwendiger Arbeitszeitdisposition durch Einstellungen oder sonstige personalwirtschaftliche Maßnahmen vermieden werden kann. Betroffen sind Beschäftigte in der Herstellung, Verpackung, einschließlich Abfüllen, Kommissionieren, Liefern an Unternehmer, Be- und Entladen und Einräumen von Waren des täglichen Bedarfs, Arzneimitteln und Medizinprodukten, sowie hier zugehörige Stoffe und Materialien. Die Verordnung erfasst darüber hinaus neben den Einrichtungen und Organisationen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung u.a. auch die Landwirtschaft, die Energie- und Wasserversorgung, Apotheken und Sanitätshäuser, Geld- und Werttransporte und das Daten- und Netzwerkmanagement. Hierdurch soll beigetragen werden zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, des Gesundheitswesens und der pflegerischen Versorgung, der Daseinsvorsorge sowie der Versorgung der Bevölkerung mit existentiellen Gütern. Für die ohnehin bereits besonders belasteten Beschäftigten in den hiervon erfassten Bereichen ist eine solche Öffnung durchaus kritisch zu betrachten, da das geltende Arbeitszeitgesetz Erweiterungen in Notfällen, wenn auch unter – zu Recht – engen Voraussetzungen und mit entsprechendem Ausgleich bereits vorsieht.
Die durch diese Verordnung zugelassenen Ausnahmen sind zulässig bis zum 30.06.2020.
Kurzarbeit im Öffentlichen Dienst
Anders als noch die Vorläufer des TVöD/TV-L, wie etwa der BAT, MTArb und BMT-G, sieht der aktuelle Tarifvertrag keine Kurzarbeit für Angestellte im öffentlichen Dienst vor. Da aber die Corona-Pandemie maßgeblich auch öffentliche Einrichtungen, wobei beispielhaft nur Schulen und Kitas, Theater und Museen, Badeeinrichtungen genannt werden, erfasst hat, haben sich nun die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) und die Gewerkschaften dbb und ver.di auf die Eckpunkte eines Covid-19-Tarifvertrags geeinigt, der mit dem 31.12.2020 ohne Nachwirkung enden soll. Für die kommunale Kernverwaltung (Personal, Bauverwaltung, Sozial- und Erziehungsdienst, sofern kommunal getragen) sowie die Ordnungs- und Hoheitsverwaltung würde der Tarifvertrag jedoch keine Kurzarbeit für die Beschäftigten im kommunalen Bereich ermöglichen. Die Erklärungsfrist zum Eckpunktepapier läuft am 15.04.2020 ab. Die kommunalen Arbeitgeber würden einen Zuschuss zum Kurzarbeitergeld tragen, der das Kurzarbeitergeld je nach Entgeltgruppe auf 90 % (ab EG 11) bzw. 95 % (bis EG 10) aufstockt. Die Aufstockungsbeträge sind auch zusatzversorgungspflichtig. Sofern bereits Kurzarbeit mit mindestens 80 % Nettoentgelt läuft, würden die höheren Zuschüsse laut Tarifvertrag nicht zum Tragen kommen. Darüber hinaus würde durch den Ausschluss für betriebsbedingte Kündigungen während und bis zu drei Monate nach der Kurzarbeit Beschäftigungsschutz gewährt – nämlich für die Beschäftigten, die auch in Kurzarbeit waren.