Publikation –
25.1.2021
Mit dem Sanierungs- und Insolvenzfortentwicklungsgesetz (SanInsFoG), welches in ganz überwiegenden Teilen zum 1. Januar 2021 in Kraft getreten ist, hat der Gesetzgeber in der Umsetzung einer EU-Richtlinie eine Vielzahl von Regelungen erlassen, die die präventive Restrukturierung von in die Krise geratenen Unternehmen thematisieren.
Das abgelaufene Jahr war geprägt von den Auswirkungen der Corona-Pandemie. Zunächst wurde die Insolvenzantragspflicht für Unternehmen, die infolge der Pandemie in die Krise geraten waren, vorübergehend ausgesetzt. Die temporäre Aussetzung der Antragspflicht für überschuldete Unternehmen, die über den 30. September 2020 hinaus verlängert worden war, endet grundsätzlich mit dem Jahr 2020. Bis zum 31. Januar 2021 gibt es noch eine Ausnahme für überschuldetet oder zahlungsunfähige Unternehmen, die im November oder Dezember 2020 Hilfen im Rahmen staatlicher Förderprogramme beantragt hatten.
Kern des SanInsFoG ist das Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (StaRUG). Unter diesem Gesetz wird ein gesetzlicher Rahmen zu Sanierung von Unternehmen ab Eintritt der drohenden Zahlungsunfähigkeit geschaffen, der unabhängig von einem Insolvenzverfahren eingreift.
Bekanntlich normiert die Insolvenzordnung (InsO) für die Geschäftsleitung einen Insolvenzantragspflicht bei Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO) und bei Überschuldung (§ 19 InsO). Eine Antragsrecht, aber keine Pflicht, besteht bisher unter dem § 18 InsO, für die drohende Zahlungsunfähigkeit.
Das StaRUG bietet für den letztgenannten Fall nun als Alternative zum (vorbeugenden) Insolvenzverfahren einen geschützten Rahmen, unter dem das Unternehmen eine Restrukturierung mit dem Ziel der Sanierung durchführen kann.
Das Insolvenzrecht birgt für die Geschäftsleitung eines Unternehmens in der Krise einige Risiken. Neben der persönlichen Haftung des GmbH-Geschäftsführers (§ 43 GmbHG) und des AG-Vorstands (§ 92 AktG) für Zahlungen an die Gesellschafter nach Eintritt der Insolvenzantragspflicht besteht das Risiko von strafrechtlichen Sanktionen aufgrund der verspäteten Insolvenzantragstellung.
Das StaRUG normiert nun unter § 1 für die Geschäftsführung von haftungsbeschränkten Unternehmensträgern – und damit auch für die Geschäftsführung der GmbH – die Pflicht, ein System der Krisenfrüherkennung zu etablieren. Im Absatz 1 formuliert das StaRUG „[…](Geschäftsleiter) wachen fortlaufend über Entwicklungen, die den Fortbestand der juristischen Person gefährden können“. Im nächsten Satz wird die Geschäftsführung verpflichtet, ein Krisenmanagement aufzusetzen („Erkennen sie solche Entwicklungen, ergreifen sie geeignete Gegenmaßnahmen […]“).
Der Geschäftsführer einer mittelständischen GmbH könnte jetzt die Position einnehmen, dass sich für seien Tätigkeit nicht wirklich etwas ändert, denn die Überwachung des Unternehmenswohls gehört ohnehin zu seinen Aufgaben. Es stellt sich hier allerdings die Frage, ob durch das StaRUG nicht die Pflichten des Geschäftsführers und damit das Risiko der Haftung erweitert wird. Bisher knüpfen das Haftungsrisiko an den Eintritt der Insolvenz durch Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung und ggf. die verspätete Reaktion des Geschäftsführers an. Mit dem StaRUG wird der Geschäftsleitung eine gesetzlich ausformulierte neue Pflicht auferlegt, die zeitlich früher ansetzt. Das Risiko besteht also darin, der Pflicht, ein Risikomanagementsystem zur Krisenfrüherkennung zu installieren, nicht gerecht werden und damit die Möglichkeit der neu geschaffen Restrukturierung vor einer Insolvenz nicht auszuschöpfen.
Die für die Geschäftsleitung von Aktiengesellschaften bereits bestehende Verpflichtung zur Krisenfrüherkennung wird mit dem StaRUG jetzt auch für die GmbH normiert. Das Gesetz bietet dem Geschäftsführer hierbei sogar seine Unterstützung an. Über die Homepage des Bundesjustizministeriums sollen Instrumentarien zu Erkennung einer Krise bereitgestellt werden. Den Geschäftsführer trifft also die Pflicht, ein Krisenmanagementsystem zur Identifikation von Risiken aufzubauen. Das System muss in der Lage sein, die Risken zu bewerten, sie zu kommunizieren und ggf. gegenzusteuern. Letztlich obliegt es dem Geschäftsführer natürlich auch, das so etablierte System zu überwachen und seine Funktionsfähigkeit zu kontrollieren.
Die Pflicht der Geschäftsführung wird ergänzt durch eine gesetzliche Hinweispflicht von Steuerberatener, Wirtschaftsprüfern und Rechtsanwälten, denen sich bei der Erstellung von Jahresabschlüssen offenkundige Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Insolvenzgrundes offenbaren und sie annehmen müssen, dass ihrem Mandanten die mögliche Insolvenzreife nicht bewusst ist (§ 102 StaRUG).
Fazit: Damit das gute Konzept, Unternehmen bereits vor Eintritt einer Insolvenz einen geschützten Rahmen zu geben, in dem eine Restrukturierung möglich ist, umgesetzt werden kann, treffen die Geschäftsleitung nun auch der GmbH Pflichten zu fortlaufenden Risikofrüherkennung. Die Erfüllung dieser Pflichten schaffen erst den Spielraum für den neuen präventiven Restrukturierungs-rahmen, das Außerachtlassen der neuen Pflichten bergen aber für die Geschäftsleitung eines neu-es Haftungsrisiko.
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht,
Fachanwalt für Arbeitsrecht,
Rechtsanwalt, Senior Counsel