Publikation –
25.3.2020
Die Ausbreitung des Corona-Virus hat auch die Vorstände und Geschäftsführer von Unternehmen jeder Größe vor bislang unbekannte Herausforderungen gestellt. Wie sollen Organe und Gremien ordnungsgemäß tagen und Beschlüsse fassen, wenn die Versammlungsmöglichkeiten eingeschränkt sind oder – wenn es noch dramatischer kommen sollte – Ausgangssperren gelten?
Für Versammlungen von Gesellschaftsorganen gilt im Grundsatz die persönliche Präsenzpflicht aller Mitglieder. Wenn die notwendige Handlungs- bzw. Beschlussfähigkeit gegeben sein soll, bedürfen Ausnahmen von diesem Grundsatz immer einer besonderen Verfügung, seien es beispielsweise entsprechende Satzungsermächtigungen für den Vorstand, Bevollmächtigungen oder, soweit möglich, Verzichtserklärungen auf formale Rechte der Organmitglieder im Zusammenhang mit der Vorbereitung und Durchführung einer Versammlung. Hinzu kommt, dass für viele Beschlüsse und Maßnahmen Fristen gelten (zum Beispiel für die Abhaltung der Jahreshauptversammlung oder der ordentlichen Gesellschafterversammlung), die durch die Corona-Krise (und ihre unabsehbare Dauer) kaum gehalten werden können.
Neben vielen anderen Maßnahmen hat der Gesetzgeber nun auch im Gesellschafts- und Umwandlungsrecht ein Paket geschnürt, das diese Schwierigkeiten zumindest für die Zeit der Pandemie abmildern soll. Im Wesentlichen sieht der Gesetzesentwurf die folgenden Erleichterungen vor: bei Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien und Europäischen Gesellschaften (SE)
Für Genossenschaften gelten ähnliche Erleichterungen. Zusätzlich gilt für Genossenschaften und Vereine eine Erleichterung dahingehend, dass Mitglieder von Vorstand oder Aufsichtsrat auch nach Ablauf ihrer Amtszeit im Amt verbleiben, wenn etwa eine Mitgliederversammlung, die eigentlich über die Abberufung, Verlängerung und/oder Neubestellung entschieden hätte, nicht oder nicht rechtzeitig abgehalten werden konnte. Eine erhebliche Fristverlängerung gilt auch bei Verschmelzungen nach dem Umwandlungsgesetz: diese können noch innerhalb eines Zeitraums von 12 Monaten nach dem Bilanzstichtag angemeldet werden, das sind vier Monate mehr Zeit als bisher.
Für Gesellschaften mit beschränkter Haftung ist eine Erleichterung bei der Durchführung von Gesellschafterversammlungen in Textform geplant. Für diese Form der Abhaltung bedarf es entgegen der bisherigen Rechtslage nicht mehr des Einverständnisses aller Gesellschafter.
Die hier vorgestellten Erleichterungen sollen erst einmal bis zum Ende des Jahres gelten, könnten nach Bedarf aber mit einer Rechtsverordnung um ein Jahr bis zum 31. Dezember 2021 verlängert werden, wenn es die Umstände dann noch erfordern. Im schnellsten Fall könnte das Gesetz bis zum Ende dieser Woche beschlossen werden.
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht,
Fachanwalt für Arbeitsrecht,
Rechtsanwalt, Senior Counsel