Publikation –
21.8.2019
Ein Wettbewerbsverbot, welches einem Gesellschafter-Geschäftsführer verbietet sich an einem Konkurrenzunternehmen zu beteiligen, ist unwirksam, sofern dieser über eine rein kapitalistische Beteiligung hinaus nicht beratend für das Konkurrenzunternehmen tätig wird oder keine anderweitige Möglichkeit der Einflussnahme besitzt.
In dem von dem OLG Stuttgart zu entscheidenden Sachverhalt (OLG Stuttgart, 15.03.2017 - 14 U 3/14) enthielten sowohl der Anstellungsvertrag eines Gesellschafter-Geschäftsführers als auch der Gesellschaftsvertrag der Gesellschaft Regelungen, die sowohl eine Tätigkeit für ein als auch eine Beteiligung an einem Konkurrenzunternehmen für die Zeit der Anstellung und der Gesellschafterposition untersagten bzw. von der vorherigen Zustimmung der Gesellschaft abhängig machten.
Noch während seiner Tätigkeit für die und Beteiligung an der Gesellschaft erwarb der Gesellschafter-Geschäftsführer 12 Prozent der Anteile einer Gesellschaft im gleichen Geschäftsfeld.
Hier stellte das Gericht zunächst fest, dass neben den vertraglichen Wettbewerbsverboten, welche innerhalb der Grenzen des § 1 GWB grundsätzlich frei vereinbart werden können (BGH, Urt. v. 30.11.2009 – II ZR 208/08), hier auch unabhängig von den vertraglichen Bestimmungen ein aus der gesellschaftlichen Treuepflicht resultierendes gesetzliches Wettbewerbsverbot in Betracht komme.
Für den Geschäftsführer folge dies bereits aus der mit seiner Position verbundenen Organstellung innerhalb der Gesellschaft, während dies auch für einen Minderheitsgesellschafter jedenfalls dann gelte, wenn er zudem noch Geschäftsführer sei.
Der Tatbestand für das Eingreifen eines gesetzlichen Wettbewerbsverbots sei immer dann erfüllt, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer an einer anderen Gesellschaft eine Mehrheitsbeteiligung halte oder die Gesellschaft aufgrund anderer Umstände beherrsche. Für letzteres sei ausreichend, dass er aufgrund seines Einflusses einzelne unternehmerische Entscheidungen beeinflussen könne.
Sei die Form der Beteiligung jedoch rein kapitalistischer Natur, bestehe sie also nur in dem bloßen Halten der Anteile, ohne eine zusätzliche Möglichkeit der Einflussnahme auf unternehmerische Entscheidungen, wie beispielsweise durch das Erbringen von Beratungs- oder sonstigen Dienstleistungen und stelle sie keine Mehrheitsbeteiligung dar, welche zwangsläufig die Möglichkeit der Einflussnahme mit sich bringe, so sei sie unbedenklich und nicht dazu geeignet die Folgen eines gesetzlichen Wettbewerbsverbots auszulösen. Dieser Grundsatz sei stets durch den Vortrag entsprechender Anknüpfungspunkte widerlegbar.
In solchen Fällen sei die Ratio eines Wettbewerbsverbots nicht tangiert, welche darin liege einen Missbrauch des aus der Gesellschafterstellung resultierenden Wissens oder Einflusses zu verhindern und die Arbeitskraft des Geschäftsführers für die Gesellschaft zu erhalten.
In der Literatur diskutiert, aber vom OLG offen gelassen, ist ein Eingreifen eines Wettbewerbsverbots auch bei nur kapitalistischen Beteiligungen ab Anteilen über 25 Prozent (ggf. auch bereits bei geringeren Anteilen). Hier sei ein Einfluss nicht mehr grundsätzlich ausgeschlossen, insbesondere, da das Überschreiten dieser Schwelle zum Entstehen einer Sperrminorität führe, welche wiederum die Möglichkeit der Einflussnahme auf Beschlüsse mit sich bringe (GWR 2017, 245).
Hinsichtlich des vertraglichen Wettbewerbsverbots bzw. Genehmigungsvorbehalts äußerte sich das OLG dahingehend, dass diese im Lichte des Art. 12 Abs. 1 GG, § 138 BGB auszulegen seien, weil sie regelmäßig die grundgesetzlich geschützte Berufsausübungsfreiheit des betroffenen Gesellschafters berührten. Sie seien nur zulässig, wenn sie nach Ort, Zeit und Gegenstand nicht über die schützenswerten Interessen des Begünstigten hinausgehen und den Verpflichteten nicht übermäßig in seiner verfassungsrechtlich gewährleisteten freien Berufsausübung beschränkten (BGH Urt. v. 14.07.1997 - II ZR 238/96).
Der Senat sah in den vertraglichen Regelungen zu weitgehende, die rechtlichen Grenzen überschreitende Bestimmungen, da der Zweck eines Wettbewerbsverbots, zu verhindern, dass die Gesellschaft durcheinen Gesellschafter von innen her ausgehöhlt und ihrer wirtschaftlichen Existenzgrundlage beraubt wird, durch den hier vorliegenden rein kapitalistischen Anteilserwerb nicht zum Tragen kommen könne.
Das OLG entschied sich deshalb für eine einschränkende Auslegung des Wortes „beteiligen“ in der entsprechenden Regelung des vertraglichen Wettbewerbsverbots dahingehend, dass der vorliegende, rein kapitalistische Erwerb von Anteilen in Höhe von 12 Prozent als nicht verboten anzusehen sei und ließ im Folgenden die Frage der Sittenwidrigkeit der Regelung offen.
Die Klage gerichtet auf Schadensersatz und Herausgabe der aus der Beteiligung resultierenden wirtschaftlichen Vorteile sowie auf Feststellung eines Selbsteintrittsrechts wies das Gericht folglich ab. Das Urteil des OLG ist rechtskräftig geworden.
Angesichts dieser Entscheidung kann sich Anpassungsbedarf sowohl in Bezug auf Gesellschafts- als auch auf Anstellungsverträge ergeben. Eine oftmals gewählte pauschale vertragliche Beteiligungsbeschränkung auf 5 bis 10 Prozent der Anteile an einem konkurrierenden Unternehmen ist vor dem Hintergrund der Entscheidung als rechtswidrig anzusehen und damit unwirksam. Ansprüche lassen sich aus diesen Klauseln nicht mehr ableiten. Vielmehr sind im Rahmen eines Wettbewerbsverbots Formulierungen notwendig, die auf die Möglichkeit der Einflussnahme auf die unternehmerischen Entscheidungen eines Konkurrenzunternehmens abstellen.
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