Publikation –
17.6.2019
Am 1. Juli 2019 sollen die Portokosten für Briefe erneut erhöht werden. Für viele Unternehmer, die ihre Rechnungen noch mit der Post versenden, sind dies weitere Kosten, die auf sie zukommen. Auch ist das Einsparen von Papier im Wandel der Zeit ein Ansporn für viele Unternehmer, von der Papier- zur E-Rechnung umsteigen zu wollen. Der folgende Artikel soll einen kurzen Überblick darüber schaffen, wie es dem Unternehmer möglich ist im europäischen Raum, Rechnungen auch elektronisch zu versenden.
Rechtlicher Hintergrund
Eine elektronische Rechnung ist eine Rechnung, die in einem elektronischen Format ausgestellt und empfangen wird (§ 14 Abs.1 S. 8 UStG).
Für elektronische Rechnungen gelten seit der Umsetzung der europäischen Mehrwertsteuersystemrichtlinie der EU (MwStSystRL) die gleichen Anforderungen an Authentizität und Integrität wie für Papierrechnungen; § 14 Abs. 1 UStG trifft insoweit keine Unterscheidung - bis auf die Zustimmung des Rechnungsempfängers.
Dadurch wurden die Anforderungen an elektronische Rechnungen deutlich reduziert. Auch elektronische Rechnungen, die z. B. per E-Mail als PDF- oder Textdatei (als E-Mail-Anhang oder Web-Download) übermittelt werden, berechtigen somit zum Vorsteuerabzug.
Voraussetzung ist, dass die Echtheit der Herkunft, die Unversehrtheit ihres Inhalts und ihre Lesbarkeit – analog zur Papierrechnung – gewährleistet sein müssen. Es macht dabei keinen Unterschied, ob es sich bei dem Rechnungsempfänger um einen Unternehmer oder um einen Verbraucher handelt.
Zustimmung
Damit der Unternehmer seinem Kunden die Rechnung in elektronischer Form übermitteln kann, muss dieser zustimmen.
Die Zustimmung ist aber formfrei, bedarf also nicht selbst der Übermittlung auf elektronischem Wege. So kann z. B. in einer Rahmenvereinbarung zwischen zwei Geschäftspartnern mündlich, schriftlich auf Papier oder auf elektronischem Wege festgelegt werden, sämtliche Rechnungen über ein- oder beiderseitigen Leistungsaustausch elektronisch zu übermitteln.
Die Zustimmung kann auch konkludent erklärt werden, also aus dem Verhalten des Rechnungsempfängers hervorgehen, z. B. indem ein Geschäftspartner die elektronischen Rechnungen des anderen von Anfang an hinnimmt, ohne zu widersprechen. Auch eine nachträgliche Zustimmung ist möglich. Die Rücknahme der Zustimmung ist nur für die Zukunft zulässig, indem z. B. die Rahmenvereinbarung geändert wird oder der Aussteller der Rechnung erklärt, eine andere Form der Übermittlung wählen zu wollen.
Echtheit der Herkunft und Unversehrtheit des Inhalts
Beim Transport durch offene Netze und beim Empfänger können diese Abrechnungen inhaltlich verändert werden, ohne dass der Absender die Veränderung bemerkt. Deshalb akzeptieren die europäischen Mitgliedsstaaten elektronische Rechnungen nur unter der Voraussetzung, dass Echtheit der Herkunft (Authentizität) und die Unversehrtheit des Inhalts (Integrität) gewährleistet werden.
Die Grundregel besagt sodann, dass jeder Steuerpflichtige selbst festlegt, in welcher Weise die Echtheit der Herkunft, die Unversehrtheit des Inhalts und die Lesbarkeit der Rechnung gewährleistet werden können. Dies kann durch jegliche innerbetriebliche Kontrollverfahren erreicht werden, die einen verlässlichen Prüfpfad zwischen einer Rechnung und einer Lieferung oder Dienstleistung schaffen können.
Neben diesen innerbetrieblichen Kontrollverfahren erfüllen die bisher etablierten Verfahren (qualifiziert elektronische Signatur und EDI) in jedem Fall die Anforderungen an die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit des Inhalts einer elektronischen Rechnung.
Als innerbetriebliches Kontrollverfahren ist gemäß § 14 Abs. 1 UStG ein Verfahren ausreichend, das der Unternehmer zum Abgleich der Rechnung mit seiner Zahlungsverpflichtung einsetzt, um zu gewährleisten, dass nur die Rechnungen beglichen werden, zu deren Begleichung eine Verpflichtung besteht. Der Unternehmer kann hierbei auf bereits bestehende Rechnungsprüfungssysteme zurückgreifen.
Qualifiziert elektronische Signatur
Die vom Unternehmer zu gewährleistende Echtheit der Herkunft der Rechnung und die Unversehrtheit ihres Inhalts gilt nach § 14 Abs. 3 UStG stets als gegeben bei einer elektronischen Übermittlung (qualifizierte elektronische Signatur). Die qualifiziert elektronische Signatur muss einem einzigen, durch sie identifizierbaren Schlüsselinhaber zugeordnet sein, der sie unter Verwendung einer sicheren Signaturerstellungseinheit nur mit Mitteln erzeugen kann, die er unter seiner alleinigen Kontrolle halten kann. Dabei müssen die Daten so ausgestaltet sein, dass eine nachträgliche Veränderung erkennbar ist.
Dabei soll als Empfangsort der E-Mail-Posteingang (elektronisches Postfach) des Empfängers ausreichen, wenn dieser im Rechts- und Geschäftsverkehr eine E-Mail-Adresse führt.
Die elektronische Übermittlung gemäß § 14 Abs. 3 Nr. 2 UStG (EDI)
Weiter gilt die nach § 14 Abs. 1 S. 2 UStG vom Unternehmer zu gewährleistende Echtheit der Herkunft der Rechnung und die Unversehrtheit ihres Inhalts stets als gegeben bei einer elektronischen Übermittlung nach § 14 Abs. 3 Nr. 2 UStG (EDI- Electronic Data Interchange). Voraussetzung für die Anerkennung der Übermittlung nach EDI ist, dass über den elektronischen Datenaustausch eine Vereinbarung zwischen dem Rechnungsaussteller und dem Rechnungsempfänger abgeschlossen wird, in der der Einsatz von Verfahren vorgesehen ist, die die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit der Daten gewährleisten.
Auf andere Weise
Neben den oben genannten Verfahren ist die Übermittlung von elektronischen Rechnungen aber auch „auf andere Weise“ möglich. Voraussetzung ist, dass der Unternehmer die Echtheit der Herkunft der Rechnung, die Unversehrtheit ihres Inhalts und ihre Lesbarkeit gewährleistet (§ 14 Abs. 1S. 2 UStG). Jeder Unternehmer – also auch Leistender und Leistungsempfänger – legt eigenständig fest, wie er dies gewährleistet, wobei das Gesetz die Möglichkeit einräumt, hierfür ein innerbetriebliches Kontrollverfahren zu verwenden, das einen verlässlichen Prüfpfad zwischen Rechnung und Leistung schafft.
Erstellung elektronischer Rechnungen durch Dritte
Es ist zulässig, dass Signatur-Dienstleister die Erstellung und Versendung signierter elektronischer Rechnungen für leistende Unternehmer übernehmen. Am Markt haben sich bereits einige Anbieter etabliert.
Grundsätzlich ist zu unterscheiden, ob der Dritte die Signierung für den Auftraggeber mit dessen Signatur (Fremdsignierungsmodell) oder als Vertreter des Auftraggebers mit der eigenen Signatur (Vertretungsmodell) übernimmt. Das Fremdsignierungsmodell kann umsatzsteuerlich kritisch sein, da der Dienstleister im Namen des Unternehmers auftritt, ohne dass dies nach außen hin erkennbar ist. Damit ist der Vorsteuerabzug in Gefahr. Demgegenüber ist für das Vertretungsmodell erforderlich, dass die Vertretungssituation nach außen hin erkennbar ist. Pragmatischer ist daher das sog. „Botenmodell“, bei dem der Signatur-Dienstleister nur mit der Signierung beauftragt wird.
Fazit
Damit lässt sich zusammenfassend sagen, dass es nach der Gesetzesnovellierung durchaus möglich ist, Rechnungen elektronisch zu vermitteln. Die Anforderungen an eine solche Übermittlung unterliegen zwar keinen strengen formalen Vorgaben mehr, es muss jedoch gewährleistet sein, dass die Echtheit der Herkunft, die Unversehrtheit ihres Inhalts und die Lesbarkeit der Rechnung gegeben sind.
Gerne begleiten wir Sie bei der Umstellung zur elektronischen Rechnungslegung in ihrem Unternehmen.
Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht
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Zertifizierter ESG-Officer