Neuigkeit –
18.12.2018
Im einem verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren wurde die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen eine Baugenehmigung für einen Lebensmitteleinzelhandel einer Größe von ca. 800 qm erwirkt.
Das geplante Objekt der Beigeladenen hielt zwar die bauordnungsrechtlich vorgeschriebenen Abstandsflächen zum Grundstück der betroffenen Nachbarin und Antragstellerin ein. Das Verwaltungsgericht stellte jedoch im Einklang mit der obergerichtlichen Rechtsprechung fest, dass eine bauliche Anlage auch bei Beachtung der notwendigen Abstandsflächen, die den Belangen einer ausreichenden Belichtung, Belüftung und Besonnung Rechnung tragen sollen, gegenüber dem Nachbargrundstück rücksichtslos sein kann, wenn aufgrund ihres Erscheinungsbildes und ihres Standortes eine Abriegelungswirkung, das Gefühl des „Eingemauertseins“ oder gar eine „Gefängnishofsituation“ entsteht.
Durch das streitgegenständliche Neubauvorhaben, das entlang den gesamten südlichen und westlichen Grenzen des Grundstücks der Antragstellerin in einer L-förmigen Bebauung mit einer Länge von insgesamt 50,16 m verwirklicht werden sollte, wobei der Baukörper hinsichtlich des südlich verlaufenden Gebäudeteils eine Länge von 16,88 m und eine Höhe von bis zu 6,90 m über der natürlichen Geländeoberfläche und hinsichtlich des westlich verlaufenden, fensterlosen Gebäudeabschnitts bei einer Höhe von bis zu 5,31 m eine Länge von 33,28 m aufwies, werde – so die entscheidende Kammer – die Wohnung der Antragstellerin im Erd- und Kellergeschoß im Süden und Westen vollständig von einem geschlossenen massiven Baukörper umgeben, der sich weiter in Richtung Nordwesten erstrecke. Hierdurch stelle sich die Wirkung einer Einmauerung durch eine übermächtig wirkende gewerbliche Nutzung ein. Aufgrund seiner optischen Präsenz und Lage gehe von dem Vorhaben eine qualifizierte, handgreifliche Störung auf das Nachbargrundstück aus; diesem werde gleichsam die Luft zum Atmen genommen.
An dieser Bewertung änderte auch der Umstand nichts, dass das Bauvorhaben mit seiner Höhe hinter der Firsthöhe des Wohngebäudes der Antragstellerin zurück blieb.
Damit reiht sich der Beschluss des Verwaltungsgerichts in die Riege der seltenen Entscheidungen ein, in denen dem Rücksichtnahmegebot aufgrund der befürchteten „Gefängnishofsituation“ Geltung verschafft wird.