Publikation –

17.3.2020

Aus aktuellem Anlass – Kurzarbeit & Co

Der Bundestag hat nun am 13.3.2020 das Gesetz zur befristeten krisenbedingten Verbesserung der Regelungen für das Kurzarbeitergeld beschlossen.

Demnach wird § 109 SGB III ein Absatz hinzugefügt, wonach die Bundesregierung ermächtigt wird, ohne Zustimmung des Bundesrats für den Fall außergewöhnlicher Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt durch Rechtsverordnung Folgendes zu regeln:

  • Ein erheblicher Arbeitsausfall, der Voraussetzung für Kurzarbeitergeld ist, liegt schon vor, wenn der Anteil der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die vom Entgeltausfall betroffen sind, mindestens 10 % beträgt (nicht mehr ein Drittel)
  • Es muss nicht zunächst zum Einsatz negativer Arbeitszeitsalden zur Vermeidung von Kurzarbeit kommen – hierauf kann ganz oder teilweise verzichtet werden.
  • Es kann eine vollständige oder teilweise Erstattung der von den Arbeitgebern allein zu tragenden Beiträgen zur Sozialversicherung für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Kurzarbeitergeld beziehen, eingeführt werden.

Zudem wurde das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz geändert. Ausnahmsweise kann jetzt auch an Leiharbeitnehmer Kurzarbeitergeld gezahlt werden.

Die Verordnung ist zeitlich zu befristen auf den 31.12.2021.

Es ist davon auszugehen, dass kurzfristig eine entsprechende Verordnung vorliegt. Laut Aussage des Bundesarbeitsministers vom 16.03.2020 wird die Neuregelung rückwirkend schon ab dem 01.03.2020 in Kraft treten, so dass alle Unternehmen ab sofort Kurzarbeitergeld auch der neuen günstigen Rechtslage beantragen können.  

Arbeitgebern, die aufgrund des Coronavirus und dessen Auswirkungen Kurzarbeit anzeigen wollen, damit die Agentur für Arbeit den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern Kurzarbeitergeld zahlt, sodass Entlassungen vermieden werden können, ist anzuraten, kurzfristig die Grundlagen hierfür zu schaffen.

Der Arbeitgeber sollte insbesondere prüfen, ob er gemäß Tarifvertrag Kurzarbeit anordnen kann. Ist das nicht der Fall, empfehlen wir den zeitnahen Abschluss einer Arbeitsvertragsergänzung. Sofern ein Betriebsrat vorhanden ist, ist eine Betriebsvereinbarung abzuschließen. Bei Vorliegen einer solchen, bedarf es keiner einzelvertraglichen Regelung mehr mit den Arbeitnehmern. Da der Betriebsrat ohnehin zu beteiligen ist, empfehlen wir den Abschluss einer entsprechenden Betriebsvereinbarung.

Der Arbeitsausfall ist der Agentur für Arbeit schriftlich anzuzeigen und zwar im Lauf des Monats, für den erstmalig Kurzarbeitergeld in Anspruch genommen werden soll, 99 SGB III. Wenn Sie also noch im März Kurzarbeit einführen und Kurzarbeitergeld beziehen wollen, muss die Anzeige zwingend auch noch bis Ende März 2020 erfolgen.

Vor Anordnung von Kurzarbeit hat der Arbeitgeber zu prüfen, ob Urlaub gewährt werden kann oder der Ausfall durch Nutzung von im Betrieb zulässigen Arbeitszeitschwankungen bzw. Arbeitszeitguthaben vermieden werden kann.

Die Förderdauer beträgt zwölf Monate und kann durch Rechtsverordnung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales auf bis zu 24 Monate verlängert werden.

Die Arbeitnehmer, die Kurzarbeit leisten, erhalten grundsätzlich 60 % des ausgefallenen pauschalierten Nettolohns. Lebt mindestens ein Kind im Haushalt, beträgt das Kurzarbeitergeld 67 %.

Unabhängig von der Möglichkeit zur Inanspruchnahme von Kurzarbeit und Kurzarbeitergeld sollte zusätzlich noch Folgendes im Zusammenhang mit der Corona – Krise beachtet werden:

  • Legen Sie Verhaltensregeln für Ihre Mitarbeiter fest, die die maßgeblichen Hygienevorgaben zum Schutz vor Infektionskrankheiten berücksichtigen.
  • Weisen Sie keine Dienstreisen in Risikogebiete (nach RKI) an. Der Mitarbeiter kann sich diesen aus Unzumutbarkeit verweigern. Im Übrigen gilt weiterhin das Direktionsrecht.
  • Der Mitarbeiter darf nicht von sich aus der Arbeit fernbleiben, weil er Angst hat, sich anzustecken.
  • Einseitige Freistellungen durch den Arbeitgeber sollten vermieden werden. Stellen Sie Mitarbeiter von sich aus (etwa aus Gründen der Fürsorgepflicht) von der Arbeit frei, behält der Mitarbeiter grundsätzlich seinen vollen Vergütungsanspruch.
  • Richten Sie Home Office ein, soweit das irgendwie möglich ist, insbesondere auch, wenn Mitarbeiter in Großraumbüros gemeinsam arbeiten.
  • Kann ein Mitarbeiter nicht zu Arbeit kommen, weil er sich in behördlich angeordneter Quarantäne befindet, zahlen Sie das Entgelt zunächst weiter und stellen innerhalb von drei Monaten einen Antrag auf Erstattung nach § 56 IFSG.
  • Stellen Sie bei einem Mitarbeiter Krankheitssymptome (Erkrankung der Atemwege) fest und war dieser Mitarbeiter in jüngerer Vergangenheit in einem Risikogebiet oder hatte Kontakt zu einem bestätigten Infektionsfall, schicken Sie diesen umgehend nach Hause. Solang er seine Arbeits- oder Arbeitsunfähigkeit nicht nachweist, hat er keinen Anspruch auf Entgelt- oder Entgeltfortzahlung.
  • Können Mitarbeiter aufgrund genereller Schul- und KiTa-Schließungen über mehrere Wochen wegen des dadurch ausgelösten Betreuungsbedarfes nicht zur Arbeit erscheinen, behält der Mitarbeiter seinen Vergütungsanspruch nicht, allerdings müssen Sie ggf. prüfen, ob Sie dem Mitarbeiter Homeoffice, Urlaub, Abbau von Überstunden oder Arbeitszeitverlagerungen ermöglichen können.
  • Die Arbeitsfähigkeit eines Kernteams ist unbedingt aufrecht zu erhalten. Dies betrifft insbesondere personelle Ressourcen zur Beantragung und Abrechnung der Kurzarbeit, was aufwendig ist.
  • Beachten Sie die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates, insbesondere nach § 87 BetrVG. Eine permanente Erreichbarkeit und Beschlussfähigkeit des Betriebsrates ist sicherzustellen, damit auch kurzfristig mitbestimmungspflichtige Maßnahmen durchgeführt werden können.

Informationen zu erhöhtem Liquiditätsbedarf in der Corona-Krise finden Sie hier.

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