Foto von James Yarema auf Unsplash
Neuigkeit –
25.10.2023
Ein aktueller Beschluss des Gerichts der Europäischen Union (EuG) lässt an der Wirksamkeit des Digital Services Act (DSA) zweifeln. Der EuG hat entschieden, dass Amazon keine "sehr große Online-Plattform" i. S. d. Digital Services Act ist (EuG, Beschl. v. 27.09.2023 - Az.: T-367/23) und dass einzelne Anforderungen an das Unternehmen (vorerst) entfallen.
Der DSA und der Digital Market Act (DMA) der Europäischen Union (EU) haben in den letzten Monaten viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen, denn sie verpflichten insbesondere große Online-Plattformen im Rahmen des Verbraucherschutzes zu neuen Regularien und Pflichten.
Amazon und 16 weitere Plattformen wurden von der EU-Kommission als "sehr große Online-Plattformen" i. S. d. DSA eingestuft, was zu einer intensiven rechtlichen Auseinandersetzung führte.
Mit dieser Einstufung geht einher, dass diese Unternehmen bestimmten Anforderungen nach dem DSA unterworfen sind. So auch beispielsweise der Offenlegung ihres Werbeanzeigenverzeichnisses, was Kern der oben genannten Entscheidung ist. Art. 39 DSA entfachte eine der umstrittensten Diskussionen über die Verpflichtung zur Offenlegung von unternehmensinternen Informationen und den daraus folgenden Wettbewerbsnachteilen.
Amazon klagte gegen diese Entscheidung und beantragte zudem in einem Eilverfahren die vorläufige Aussetzung der Vollziehung der Entscheidung der EU-Kommission. Amazon argumentierte, dass die Offenlegung strategischer und vertraulicher Informationen, wie beispielsweise die Kampagnendauer, die Reichweite der Kampagnen und die Zielparameter, einen schwerwiegenden und nicht wiedergutzumachenden Schaden verursachen könnte. Nach Auffassung von Amazon ermöglicht es die Regelung Wettbewerbern zum Nachteil von Amazon und seiner Werbepartner, laufend Markteinblicke zu gewinnen.
Das Gericht der Europäischen Union hat nun vorläufig im Eilverfahren zugunsten von Amazon entschieden und die Verpflichtung zur Veröffentlichung des Werbeanzeigenverzeichnisses ausgesetzt, bis über die Hauptsacheklage von Amazon entschieden ist.
Das EuG begründete seine Entscheidung damit, dass die Offenlegung des Werbeanzeigenverzeichnisses, sollte sich herausstellen, dass diese Verpflichtung rechtswidrig ist, unumkehrbare Schäden verursachen könne. Dieses Verzeichnis enthalte Informationen, die Wettbewerbern und Werbepartnern einen unfairen Wettbewerbsvorteil verschaffen könnten. Insbesondere wurde die Transparenzpflicht gemäß Art. 39 DSA insoweit vorläufig ausgesetzt.
Amazon hatte noch gegen die Verpflichtung gewehrt, nach Art. 38 DSA im Rahmen seiner Empfehlungssysteme mindestens eine Option anbieten zu müssen, die es dem Nutzer ermöglicht, seine bevorzugte Option jederzeit auszuwählen und zu ändern. Amazon argumentierte, dass dies auf eine Opt-out-Möglichkeit hinauslaufe, deren technische Umsetzung ebenfalls einen schwerwiegenden und nicht wiedergutzumachenden Schaden zur Folge hätte. Dem gab das Gericht jedoch nicht statt.
Das Gericht führte am Ende aus: „Folglich muss das von der Klägerin geltend gemachte Interesse das Interesse an der Abweisung des Antrags auf einstweilige Anordnung überwiegen, erst recht, wenn der Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung nur auf die Aufrechterhaltung des Status quo für eine begrenzte Zeit hinausläuft."
Es ist zu beachten, dass diese vorläufige Entscheidung des EuG keine Bindungswirkung für das Hauptsacheverfahren hat. Das endgültige Ergebnis bleibt vorerst offen, und das Hauptsacheverfahren wird entscheidend sein, um die Auswirkungen des DSA auf Amazon und ähnliche Plattformen abschließend zu klären.
Die Verordnung über digitale Dienste (DSA) und das Gesetz über den digitalen Markt (DMA) bilden ein einheitliches Regelwerk, das ab dem 17.Februar 2024 in der gesamten EU gilt. Die Reglungen haben zwei Hauptziele:
Die im Digital Services Act festgelegten Regeln richten sich in erster Linie an Online-Vermittler und große Plattformen. Dies umfasst verschiedene Arten von Plattformen, darunter Online-Marktplätze, soziale Netzwerke, Content-Sharing-Plattformen, App-Stores und Online-Reise- sowie Unterkunftsplattformen.
Der Digital Markets Act enthält Regeln, die speziell auf Gatekeeper Online-Plattformen abzielen. Gatekeeper-Plattformen sind digitale Plattformen mit einer systemischen Rolle im Binnenmarkt, die als entscheidende Vermittler zwischen Unternehmen und Verbrauchern für wichtige digitale Dienste fungieren. Einige dieser Dienste unterliegen auch den Bestimmungen des Gesetzes über digitale Dienste, jedoch aus verschiedenen Gründen und mit unterschiedlichen Arten von Regelungen.
Die Entwicklung zeigt, dass die Umsetzung des DSA und die Auswirkungen auf Unternehmen wie Amazon weiterhin im Wandel sind. Die genaue Regulierung und Verpflichtungen für große Online-Plattformen werden erst mit der endgültigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren klar werden.
Klar ist aber bereits jetzt, dass die hehren Ziele der EU nicht einfach von den „Big-Playern“ in der Internetbranche akzeptiert werden. Der von der EU verabschiedete „moderne Rechtsrahmen“ für ein faires und offenes Online-Umfeld wird sich an der Bereitschaft der Unternehmen messen lassen müssen, diese Anforderungen ohne große Gegenwehr zu übernehmen.
Das Spannungsfeld Verbraucherschutz auf der einen und Unternehmensschutz/Wettbewerbsschutz auf der anderen Seite wird uns weiter begleiten und die europäische Justiz beschäftigen. Wir werden die Entwicklungen weiterhin genau beobachten und darüber berichten, da sie weitreichende Auswirkungen auf die digitale Wirtschaft in der EU haben werden.
Ein aktueller Beschluss des Gerichts der Europäischen Union (EuG) lässt an der Wirksamkeit des Digital Services Act (DSA) zweifeln. Der EuG hat entschieden, dass Amazon keine "sehr große Online-Plattform" i. S. d. Digital Services Act ist (EuG, Beschl. v. 27.09.2023 - Az.: T-367/23) und dass einzelne Anforderungen an das Unternehmen (vorerst) entfallen.
Der DSA und der Digital Market Act (DMA) der Europäischen Union (EU) haben in den letzten Monaten viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen, denn sie verpflichten insbesondere große Online-Plattformen im Rahmen des Verbraucherschutzes zu neuen Regularien und Pflichten.
Ein aktueller Beschluss des Gerichts der Europäischen Union (EuG) lässt an der Wirksamkeit des Digital Services Act (DSA) zweifeln. Der EuG hat entschieden, dass Amazon keine "sehr große Online-Plattform" i. S. d. Digital Services Act ist (EuG, Beschl. v. 27.09.2023 - Az.: T-367/23) und dass einzelne Anforderungen an das Unternehmen (vorerst) entfallen.
Der DSA und der Digital Market Act (DMA) der Europäischen Union (EU) haben in den letzten Monaten viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen, denn sie verpflichten insbesondere große Online-Plattformen im Rahmen des Verbraucherschutzes zu neuen Regularien und Pflichten.